Wie kann ich Gott erleben?
Der christliche Glaube lässt sich mit einer Beziehung vergleichen. Dazu gehören gemeinsame Erlebnisse, Erinnerungen und Zeit füreinander. Praktisch zeigt sich Gott in vielen Situationen: Nicht nur im Gebet und Bibellesen, sondern auch in anderen Menschen oder der Natur.
Das beste Bild für den christlichen Glauben ist eine Beziehung. Ohne diesen Vergleich zu weit treiben zu wollen, was fällt Dir ein, wenn Du an eine Beziehung denkst? Worauf würdest Du bei einem guten Freund oder Deinem Ehepartner nicht verzichten wollen?
Man verbringt Zeit zusammen, hat gemeinsame Erinnerungen an diese Erlebnisse und auch Pläne für die Zukunft. Man nimmt sich die Zeit füreinander, weil man einander besser kennenlernen will, und tauscht sich regelmäßig über seine Erfahrungen, Gedanken und Gefühle aus.
Was hat das nun mit Gott zu tun, den Du nicht mal sehen kannst? Wenn Du es noch nie erlebt hast, fällt Dir die Vorstellung wahrscheinlich schwer. Deshalb gebe ich in diesem Artikel ein paar Beispiele, wie das Leben mit Gott praktisch aussehen kann.
Vielleicht bist Du mit einem sehr naturwissenschaftlichen Weltbild groß geworden, in dem alle Phänomene mit vorhersagbaren Ursache-Wirkung-Gesetzen erklärt wurden. Ich hoffe, dass ich Dir eine Vorstellung geben kann, wo auch heute noch Raum für das Eingreifen von Gott ist.
Gebet
Alles beginnt mit Gebet. Gebet ist nicht einfach ein vorformulierter Text. Gebet ist ein Gespräch. Als Christen können wir mit Gott sprechen wie mit einer vertrauten Person. Jesus selbst sagte zu seinen Nachfolgern, dass sie nicht seine Sklaven, sondern seine Freunde seien. (Zum Weiterlesen: Johannes 15,15)
Schon wenn wir Gott für positive Erlebnisse bewusst danken, kann das unsere Herzenshaltung spürbar verändern. Häufig bitten wir Gott dann auch um bestimmte Dinge – für andere (manche kennen das noch als Fürbittengebet aus der Kirche), aber auch unsere eigenen Anliegen dürfen wir vor Gott bringen.
Gebet ist also die Grundlage, um das Wirken Gottes in unserem eigenen Leben zu erfahren und bei Menschen in unserem Umfeld beobachten zu können. Aber auch das Beten selbst kann uns schon entlasten und stärken, wenn wir in der festen Gewissheit beten, dass Gott uns wirklich zuhört.
Man kann in vielen Situationen beten: im Gottesdienst, im Hauskreis, in der Familie, mit Freunden, aber eben auch alleine im “stillen Kämmerlein”. Gerade dort ist eine gute Gelegenheit, um auch ganz persönliche Gedanken und Gefühle mit Gott zu teilen und zu reflektieren.
Bibel
Als Christen glauben wir, dass Gott in Form von Jesus über diese Erde gegangen ist und eines Tages wiederkommen wird. Momentan ist Jesus im Himmel und wir können ihn nicht einfach persönlich treffen, so wie das den ersten Christen vor rund zweitausend Jahren möglich war.
Aber Gott hat vorgesorgt und uns mit der Bibel viele Begebenheiten, Fakten und Zusagen hinterlassen, durch die wir ihm jederzeit begegnen können. Beim Bibelstudium geht es nicht in erster Linie darum, theologisches Fachwissen zu erwerben, sondern Gott als Person näher kennenzulernen.
Sobald wir die Bibel nicht nur dann lesen, wenn wir die Lösung für ein bestimmtes Problem suchen, oder weil man als “guter Christ” regelmäßig in der Bibel liest, sondern aus echter Neugier an Gott, kann unser Bild, das wir von Gott haben, lebendig werden.
Manchen hilft dabei ein fester Termin und ein Kaffee, so wie man sich auch mit einem Freund verabreden würde. Wenn man regelmäßig in der Bibel liest, kann aus Gebet und Bibellesen ein “Kreislauf” entstehen, bei dem man aus der Bibel Inspiration zu Anliegen bekommt, für die man zuvor gebetet hat.
Gedanken
Während Jesus vor zweitausend Jahren noch persönlich zum Abendessen eingeladen wurde und dabei das eine oder andere, oftmals kontroverse, Tischgespräch mit den damaligen Menschen geführt hat, spricht Gott heute meistens nicht mit einer hörbaren Stimme vom Himmel herab.
Trotzdem glaube ich, dass Gott durch Gedanken zu uns “sprechen” kann – im Gebet, beim Bibellesen, im Alltag. Das ist dann auch keine hörbare Stimme, die in deutscher Sprache spricht, sondern vielmehr eine Idee, ein Einfall, etwas auf eine bestimmte Art und Weise zu tun oder zu sagen.
Ich denke, man muss vorsichtig sein, zu behaupten, man hätte einen Gedanken direkt von Gott empfangen – ob das wirklich so gewesen ist, sieht man meistens erst hinterher am Ergebnis.
Wir können aber auch heute nicht sicher sagen, warum eine Person eine bestimmte Idee hatte und eine andere nicht (mehr darüber im Abschnitt “Zufall”). Deshalb sehe ich darin auch einen Platz, an dem Gott wirken kann. Gedanken stehen am Anfang unseres Handelns und haben einen großen Einfluss darauf.
Handeln
Gott nutzt uns Menschen, um seine Pläne in der Welt umzusetzen. Dabei schiebt Gott uns nicht von oben herab wie Figuren auf einem Schachbrett einfach hin und her, sondern er lässt uns aktiv mitarbeiten, wenn es darum geht, dass seine Botschaft hier auf der Erde sichtbar und erfahrbar wird.
Nicht jeder bekommt dabei einen so großen Auftrag wie Mose und soll einem ganzen Volk die Zehn Gebote verkünden, aber ich bin überzeugt, dass Gott jedem von uns – durch die Bibel, durch spontane Ideen – etwas mitgibt, wodurch wir unseren Glauben ganz konkret in unserem Alltag zum Ausdruck bringen können.
Das Handeln für Gott kann je nach Situation ganz verschiedene Formen haben – egal, ob wir eine wichtige Entscheidung in unserem Leben treffen, dabei helfen, einen Konflikt zwischen zwei Menschen in unserem Umfeld zu bereinigen, eine bestimmte Aufgabe in unserer Gemeinde übernehmen oder einfach “nur” Geld für eine gute Sache geben.
Alle von Gott inspirierten Handlungen führen dazu, dass er selbst erlebbar wird: Indem wir Veränderungen in unserem eigenen Leben sehen, persönlich an den Aufgaben, die Gott uns stellt, wachsen und auch Veränderungen im Leben anderer sehen, erkennen wir Gottes Handeln in der Welt.
“Zufall”
Als Christ glaube ich nicht an den Zufall, sondern an den lebendigen Gott. In unserem Leben gibt es immer wieder mikroskopisch kleine Begebenheiten, die langfristig eine enorme Auswirkung haben können.
Welches Jobangebot wir unterschrieben haben, in welche Stadt wir umgezogen sind, solche Entscheidungen basieren oft auf diesen kleinen Momenten, in denen wir einer bestimmten Person begegnet sind, einen Tipp aus dem Bekanntenkreis bekommen haben und so weiter.
In solchen Situationen haben wir den Eindruck, dass wir “zur richtigen Zeit am richtigen Ort” gewesen sind. Die daraus folgenden Ereignisse stellen wiederum die Weichen dafür, welchen Menschen wir in Zukunft begegnen und welche Entscheidungen wir dort dann treffen werden.
Dieser Effekt existiert auch umgekehrt: Nicht immer äußert es sich so krass, dass wir ein Flugzeug verpassen, das später abstürzt – aber eben auch solche Dinge, die nicht passieren, nicht nach (unserem) Plan verlaufen, können eine Weichenstellung in unserem Leben sein.
Ohne Gott kann man das Leben nur als eine Kette von Ereignissen beschreiben, die scheinbar zufällig aneinandergereiht sind. Wir reden dann häufig von “Glück” oder “Schicksal” und sind froh, nicht “zur falschen Zeit am falschen Ort” gewesen zu sein.
Als Christ sehe ich die Macht Gottes auch in diesen kleinen Dingen. Er kann genau vorhersehen, welche Auswirkung eine kleine Begegnung von heute in der Zukunft haben wird.
Deshalb kann Gott auch durch Begegnungen lenkend eingreifen, wenn von außen betrachtet kein sichtbares Wunder geschieht. Er gebraucht jedes kleine Erlebnis gewissermaßen als Puzzlestück im großen Bild unseres Lebens.
Gottesdienst
Die meisten Kirchenmitglieder in Deutschland besuchen aus zwei Anlässen einen Gottesdienst: zu hohen Feiertagen wie Weihnachten oder zu persönlichen Lebensereignissen wie ihrer eigenen Hochzeit oder der Taufe ihrer Kinder.
Je regelmäßiger wir einen Gottesdienst besuchen, desto mehr geben wir Gott die Chance, uns dort eine “tagesaktuelle” Botschaft mitzuteilen, die wirkliche Relevanz für unseren momentanen Alltag hat.
Ein gut gestalteter Gottesdienst ist ein “Kombipaket” aus vielen Punkten, die ich in diesem Artikel anspreche, weshalb ich hier nur drei Punkte hervorhebe:
Wie im eigenen Bibelstudium auch, begegnet uns Gott im Gottesdienst hauptsächlich durch einen Bibeltext, der die Grundlage für die Predigt bildet. Die Predigt selbst ist darüber hinaus eine Auslegung, durch die der Bibeltext auf unsere heutige Situation besser anwendbar wird.
Wenn wir an Jesus glauben, dürfen wir sicher sein, dass Gott zu uns hält, auch wenn wir uns nicht immer so fühlen. Die Musik im Gottesdienst gibt uns unabhängig davon die Möglichkeit, die Hoffnung und Freude, die wir in Gott haben, auch gefühlsmäßig wahrzunehmen und zum Ausdruck zu bringen.
Gottesdienst ist auch eine Zeit der Gemeinschaft mit anderen Christen. Einerseits während des Gottesdienstes: Besonders das Abendmahl kann uns zwei Dinge immer wieder bewusst in Erinnerung rufen: die Gnade Gottes und auch das Gefühl der Zusammengehörigkeit als weltweite Gemeinschaft von Christen …
Menschen
… Andererseits kann uns auch der Austausch mit anderen Christen vor und nach dem Gottesdienst ermutigen. Wenn wir einander trösten, vergeben, Mut machen und so weiter, können wir auch selbst Trost, Vergebung und Ermutigung erfahren, so wie Gott es uns zugesichert hat.
Gott kann durch andere Menschen wirken, so wie er auch durch uns selbst wirkt. Nicht nur Pastoren oder die Leiter christlicher Freizeiten sind es, die uns “besondere” Worte zusprechen können. Auch die Ratschläge unserer Glaubensgeschwister können eine Antwort auf unsere Gebete sein.
Letztendlich kann jeder Mensch, egal ob Christ oder nicht, an jedem Ort der Welt zu einem Wegweiser für unser Leben werden, mit dem, was er sagt, tut oder eben nicht tut. Auch hier entsteht so etwas wie ein Kreislauf. Wenn wir unsere Erlebnisse in der Welt wieder im Gebet vor Gott bringen, hilft er uns, alles richtig einzuordnen.
Natur
Nicht nur andere Menschen, sondern auch die unpersönliche Natur kann uns den Blick für Gott eröffnen. Es gibt verschiedene Aspekte an der von Gott geschaffenen Umwelt, an denen wir wiederum etwas von den Eigenschaften Gottes erahnen können – ein paar Anregungen dazu:
Wenn wir uns einmal die große Anzahl von Sternen und Galaxien vor Augen führen, die es in unserem Universum gibt, im Verhältnis zu den wenigen Lebewesen, die darin wohnen, dann muss Gott die Welt mit einer beinahe verschwenderischen Großzügigkeit geschaffen haben. Dieser Überfluss im Universum kann uns ein Gefühl für Gottes überschwängliche Gnade vermitteln.
In der Natur gibt es vielerorts geniale “Konstruktionen”, über die man nur staunen kann. Heute ist der Klettverschluss für uns selbstverständlich, aber vor achtzig Jahren kam ihr “Erfinder”, Georges de Mestral, nur auf die Idee, weil beim Spaziergang viele Kletten im Fell seines Hundes hängen blieben.
Auch der Kompass, Schwimmflossen oder das Sonar existierten in der Natur bei Zugvögeln, Enten und Delfinen schon lange bevor der Mensch sie sich ebenfalls zunutze machte. Daran können wir erkennen, dass Gott als lenkende Intelligenz hinter den Dingen steht. Das kann uns auch daran erinnern, dass Gott für unser eigenes Leben einen durchdachten Plan hat.
Aber auch einfach schöne Naturphänomene können uns auf Gott hinweisen. Gerade in dunklen Zeiten kann es ein Trost sein, zu sehen, wie Gott die Welt ursprünglich gut geschaffen hat, sodass wir Menschen uns darin wohlfühlen können.
Die Schönheit eines Sonnenuntergangs oder einer Blume kann zum Symbol für die Liebe Gottes zu uns werden. Eine besondere Bedeutung hat der Regenbogen, den Gott zum Zeichen des Friedens nach der Sintflut gesetzt hat. (Zum Weiterlesen: 1. Mose 6,5-9,17)
Zeit
Nicht immer bekommen wir sofort eine Antwort auf unsere Gebete – manchmal wird Gottes Handeln erst nach langer Zeit sichtbar. Die Gründe, warum Gott uns in einer unangenehmen Situation belässt, können ganz verschieden sein. Vielleicht ist es wichtig, dass wir bestimmte Erfahrungen machen, auch wenn wir sie uns selbst nicht aussuchen würden. (Mehr dazu im Artikel “Warum gibt es Leid in der Welt? (Theodizee)”.)
Hier benötigen wir eine gewisse Ausdauer, um durch Gott ausgelöste Veränderung zu erleben. Eine Hilfe kann dabei das Führen einer persönlichen “Gebetsliste” sein, auf der wir die Gebetsanliegen eintragen, an denen wir dranbleiben wollen. Dadurch können wir uns, auch wenn viel Ablenkung in unserem Leben herrscht, an wichtige Anliegen erinnern.
Um den Zusammenhang zwischen Gebet und Wirkung besser zu erkennen, kann es auch helfen, ein “Gebetstagebuch” zu führen. Darin kann man nicht nur Gebetsanliegen sammeln, sondern auch die Auswirkungen von Gebeten und sonstige Erlebnisse festhalten. Auf diese Weise entsteht ein persönliches Erinnerungsbuch, in dem wir Gottes roten Faden für unser Leben besser erkennen können.
Teilen
Sinngemäß soll Albert Einstein einmal gesagt haben: Wenn man etwas nicht mit einfachen Worten erklären kann, dann hat man es selbst noch nicht verstanden. Wenn wir anderen von einem Thema erzählen, das uns interessiert, dann verstehen wir es auch selbst besser.
Wir können also auch durch das Weitergeben von Wissen an andere mehr von Gott verstehen und unseren Glauben festigen. So geht es mir zum Beispiel auch mit diesem Blog: Für das Schreiben der Artikel muss ich mein Bild von Gott und meinen eigenen Standpunkt erstmal selbst reflektieren, damit ich es anschließend in Worte fassen kann.
Von unserem Glauben zu erzählen, kann auch andere ermutigen, sich (mehr) mit Gott zu befassen. Diese Menschen machen ihre eigenen Erfahrungen mit Gott. Wenn sie uns dann berichten, was sie mit Gott erlebt haben, erfahren auch wir wiederum mehr über Gott. So kann auch das Teilen unseres Glaubens etwas sein, das uns Gott näher bringt.