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Wie wird man Christ?

· Autor: Thomas · Lesezeit: ca. 10 Min.

Man wird nicht Christ, weil man Mitglied einer Kirche ist, sondern durch eine persönliche Glaubensentscheidung. Dazu gehört, dass man die frohe Botschaft von Jesus Christus verstanden hat. Die Taufe als Erwachsener ist ein äußeres Zeichen der inneren Entscheidung.

Tradition?

Das Jahr 2022 markierte einen vorläufigen Wendepunkt in der Bevölkerungsstatistik: Bis zu diesem Jahr war noch die Hälfte der deutschen Bevölkerung Mitglied einer der beiden traditionellen Großkirchen, der römisch-katholischen oder der evangelischen Kirche in Deutschland.

Daneben gibt es viele freikirchliche Gemeinden, die sich nicht über eine Kirchensteuer, sondern aus freiwilligen Spenden finanzieren, und deshalb nicht in der Statistik erfasst sind. Manche davon wollen sich auch gar keiner Konfession zuordnen, um so stattdessen die Einheit aller Christen zu betonen.

Vielen, die so wie ich in einer der Großkirchen aufgewachsen sind, wird es vermutlich auch so gegangen sein, dass sie an Ritualen wie der Kommunion oder Konfirmation eher aus gesellschaftlicher Tradition teilgenommen haben und dahinter keine besonders starke oder eine eher diffuse, unpersönliche Gottesbeziehung stand.

Ich habe mir jedenfalls die Frage gestellt, wie die Mitgliedschaft in einer Kirche mit der persönlichen Gottesbeziehung zusammenhängt: Wenn jemand zwar sein ganzes Leben lang Mitglied der Kirche gewesen ist, aber als Erwachsener nichts mehr von Gott wissen wollte, würde es mich aus menschlicher Perspektive doch sehr wundern, wenn Gott ihn nach seinem Tod an der Himmelspforte einfach mit den Worten “ja passt schon, komm doch rein” begrüßt.

Persönliches Erleben?

Natürlich würde ich mich sehr freuen, wenn Gott am Ende des Tages alle Menschen zu sich in den Himmel holen würde. Es gibt dazu auch eine passende Bibelstelle im ersten Timotheus-Brief, laut der Gott durchaus will, dass alle Menschen gerettet werden.

(Zum Weiterlesen: 1. Timotheus 2,3-4)

Ich möchte hier niemandem absprechen, dass er Christ ist. Nur Gott kann einschätzen, wer zu ihm gehört, und darüber sollten wir Menschen kein Urteil fällen. Mir persönlich war es jedoch wichtig, mein Erleben mit der dahinterstehenden Theologie in Einklang zu bringen.

Wenn ich selbst getauft und Mitglied der Kirche bin, sollte das nicht auch für mich selbst irgendeine persönlich spürbare Auswirkung haben, an der ich merke, dass jetzt etwas anders ist, als wenn ich nicht getauft und kein Kirchenmitglied wäre? Dieser Unterschied war für mich so nicht erkennbar.

Vielleicht dachte auch Albert Schweitzer an so etwas ähnliches, als er das inzwischen bekannte Zitat formulierte:

Wer glaubt, ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich. Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht.

Taufe als Kind?

Wenn wir nun einmal selbst in der Bibel nachschlagen, fällt auf, dass die Taufe im Kindesalter (damit ist hier gemeint: ein Baby bekommt ein paar Spritzer Wasser über den Kopf) gar nicht gut in der Bibel belegt ist. Genau genommen gibt es keine einzige Bibelstelle, die ein konkretes Beispiel einer Säuglingstaufe zeigt:

  1. Der römische Offizier Kornelius war bereits auf der Suche nach Gott, und als der Apostel Petrus in seine Stadt kam, lud Kornelius ihn zu sich ein. Petrus erzählt ihm von Jesus. Alle, die zugehört haben, auch die Verwandten und engen Freunde von Kornelius, werden gläubig. Petrus beschließt, dass sie getauft werden. Kinder werden nicht ausdrücklich erwähnt. (Apostelgeschichte 10,24-48)
  2. Als der Apostel Paulus in Philippi ist, unterhält er sich mit einigen jüdischen Frauen über den Glauben. Die Kauffrau Lydia lässt sich daraufhin taufen – mit allen, die zu ihrem Haushalt gehören. Ob kleine Kinder bei ihr wohnten, wird nicht erwähnt. (Apostelgeschichte 16,11-15)
  3. Später landen Paulus und sein Begleiter Silas im Gefängnis, aber der Gefängniswärter bekommt mit eigenen Augen mit, wie sie durch ein Wunder Gottes befreit werden. Sie erklären ihm und dem Rest seines Haushalts den Glauben an Jesus, und ebenfalls lassen sich alle taufen. Auch hier bleibt offen, ob kleine Kinder dabei waren. (Apostelgeschichte 16,23-34)
  4. Als Paulus und Silas in Korinth sind, spricht Paulus mit den Juden aus der Synagoge. Daraufhin wird Krispus, der Leiter der Synagoge, gläubig, auch wieder mit seinem ganzen Haushalt. Hier wird nicht mal die Taufe ausdrücklich erwähnt, sondern nur in Bezug auf weitere Menschen aus Korinth, die auch gläubig wurden. (Apostelgeschichte 18,7-8)

Nun könnte man einwenden, dass bei so vielen Beispielen für Taufen von ganzen Familien auch mal ein Kleinkind dabei gewesen sein muss. Auffallend ist aber, dass immer zuerst mindestens ein Erwachsener, der dem Haushalt vorstand, eine aktive Entscheidung für den Glauben getroffen hat.

Besonders die ersten beiden Berichte über Kornelius und Lydia betonen, dass hier Menschen gläubig wurden, die den Worten der Apostel zugehört hatten. Hier kann man annehmen, dass das Verstehen des Inhalts ebenfalls zum Zuhören gehört. Und diese Fähigkeit, zu verstehen, ist einem Säugling noch nicht gegeben.

“Lasst die Kinder zu mir kommen”

Wir haben gesehen, dass die Säuglingstaufe in der Bibel nicht ausdrücklich gezeigt wird. Dadurch tut sich eine neue Frage auf: Wenn ein kleines Kind durch einen tragischen Unfall stirbt, kann es dann nicht in den Himmel kommen? Es hatte ja keine Möglichkeit, die Botschaft von Jesus zu hören und zu verstehen.

Jesus selbst hat hier eine hoffnungsvolle Antwort für uns. Als er gerade zu einer Menschenmenge sprach, wollten einige ihre Kinder zu ihm bringen, und Folgendes geschah:

Dann brachte man kleine Kinder zu ihm, damit er die Hände auf sie legen und beten würde, aber die Jünger wiesen sie zurück.

Und Jesus sagte: Lasst die kleinen Kinder, und verbietet ihnen nicht, zu mir zu kommen, denn für sie ist das Himmelreich.

(Zum Weiterlesen: Matthäus 19,13-14)

Auch wenn es hier vordergründig darum geht, ob die Kinder in der Nähe von Jesus sitzen dürfen oder nicht, macht Jesus dadurch auf theologischer Ebene deutlich, dass es für kleine Kinder keine Voraussetzungen gibt, damit sie zu ihm und damit auch in den Himmel kommen können.

Anders als bei vielen anderen Aussagen von Jesus in der Bibel, in denen er die Menschen aufruft, ihr Verhalten zu hinterfragen, dürfen die Kinder so zu ihm kommen, wie sie sind. Das deutet für mich darauf hin, dass Gott diese Problematik berücksichtigt hat und Kinder, die zu jung sind, um die Botschaft von Jesus inhaltlich zu begreifen, einen “Freifahrtschein” in den Himmel bekommen.

Taufe für Erwachsene

Wir haben bemerkt, dass die Taufe eines Säuglings zumindest nicht unbedingt notwendig erscheint, vielleicht sogar auf einer wackeligen Grundlage steht. Zumindest ich persönlich habe mich nicht darauf verlassen wollen, wenn es um eine so wichtige Frage wie das Leben nach dem Tod geht.

Schauen wir also noch einmal genauer hin, wie die Menschen in der Bibel zum Glauben gefunden haben. Bei der Betrachtung der Frage, ob nach der biblischen Überlieferung auch Kinder mitgetauft wurden, haben wir schon gesehen, dass immer zumindest ein Erwachsener getauft wurde. Wie ist das genau abgelaufen?

  1. An Pfingsten können die ersten Christen plötzlich in Fremdsprachen reden, was großes Aufsehen in Jerusalem erregt. Petrus erklärt der Menschenmenge, dass es sich um ein Wunders Gottes handelt, und ruft sie auf, zu Gott umzukehren. An diesem Tag entscheiden sich etwa dreitausend Menschen für die Taufe. (Apostelgeschichte 2)
  2. Apostel Philippus reist nach Samaria und erzählt den Menschen in einer Stadt über Jesus. Sie freuen sich über die Wunder, die dabei geschehen, und glauben Philippus mehr als dem Zauberer Simon, der schon länger in der Stadt war. So überzeugt, lassen sich verschiedene Männer und Frauen taufen. (Apostelgeschichte 8,5-13)
  3. Philippus trifft den Finanzverwalter der äthiopischen Königin, als der in einem Wagen unterwegs ist und das Alte Testament studiert. Philippus erklärt ihm, wie dort bereits auf Jesus als Erlöser hingewiesen wird. Nachdem der Finanzverwalter die Botschaft verstanden hat, fragt er, ob er nun auch getauft werden darf. (Apostelgeschichte 8,26-40)
  4. Paulus, der die ersten Christen zu diesem Zeitpunkt noch mit Gewalt verfolgte, begegnet Jesus auf seiner Reise nach Damaskus in einer Vision. Es dauert drei Tage, bis Ananias vorbeikommt und für ihn betet, erst dann erholt sich Paulus. Völlig verändert von den Erlebnissen lässt er sich taufen. (Apostelgeschichte 9,1-19)
  5. Paulus trifft in Ephesus etwa zwölf Männer, die bis dahin nur von Johannes dem Täufer getauft waren. Nachdem Paulus ihnen die Botschaft von Jesus erklärt hatte, ließen sie sich die Männer auch “christlich” taufen. (Apostelgeschichte 19,1-7)

Wir sehen also, dass praktisch alle in der Bibel beschriebenen Personen immer zuerst eine Entscheidung getroffen haben, und danach die Taufe erfolgt ist. Mir scheint es daher schlüssig anzunehmen, dass das eigentlich wichtige Ereignis diese persönliche Entscheidung ist.

Die Taufe ist dann “nur” ein nachträgliches, öffentliches Symbol. So wie zum Beispiel eine Ehe durch das Ja-Wort, also die gegenseitige Entscheidung, und nicht einfach durch das Anstecken eines Rings, dem darauffolgenden Symbol, zustande kommt. Die Taufe symbolisiert durch das Untertauchen das “Abwaschen” der Sünden, das zuvor durch den Glauben an Jesus geschehen ist.

Dass die Taufe als Erwachsener nicht die notwendige Voraussetzung ist, um in den Himmel zu kommen, zeigt auch das bekannte Beispiel einer der Verbrecher, der mit Jesus zusammen gekreuzigt wurde und sich kurz vor seinem Tod noch zu ihm bekannt hatte.1

(Zum Weiterlesen: Lukas 23,33-43)

Der verlorene Sohn

An den Beispielen für Taufen in der Bibel haben wir gesehen, dass vor der Taufe die bewusste Entscheidung eines Erwachsenen stand. Aber was genau ist nun diese Entscheidung, die diese Menschen vor ihrer Taufe getroffen haben? Was bedeutet es, als zum Beispiel Petrus an Pfingsten die Menschenmenge in Jerusalem zur “Umkehr zu Gott” aufgerufen hat?

Manche kennen vielleicht noch die Geschichte vom verlorenen Sohn, der zwar seinen Vater kannte, aber dann doch weit weg zog und das ganze Geld, das er von seinem Vater geerbt hatte, verschwendete. Im Gleichnis ist es so, dass der Sohn am Ende wieder zum Vater zurückkehrt und der ihn mit großer Freude wieder bei sich aufnimmt, obwohl der Sohn die meiste Zeit seines Lebens nichts von ihm wissen wollte.

(Zum Weiterlesen: Lukas 15,8-32)

An diesem Gleichnis können wir drei Punkte ablesen, wie der Sohn gedacht hat, nachdem er sich seiner Situation bewusst geworden war:

  1. Der Sohn erkennt seine eigenen Fehler und will sie seinem Vater gegenüber zugeben.
  2. Der Sohn gibt sich selbst auf; er will nicht mehr als Sohn seines Vaters betrachtet werden.
  3. Der Sohn ist bereit, sich bei seinem Vater stattdessen als einfacher Arbeiter anstellen zu lassen.

Diese drei Punkte aus dem Gleichnis können wir darauf übertragen, wie wir selbst uns Gott zuwenden können:

  1. Wir sollen unsere eigenen Fehler eingestehen und sie im Gebet vor Gott bringen.
  2. Wir sollen unsere eigenen Prioritäten aufgeben und stattdessen Gott zum Mittelpunkt aller Bereiche unseres Lebens machen.
  3. Wir sollen Gott nach seinem Plan für unser Leben fragen und danach leben, statt nach unseren menschlichen Vorstellungen.

Was bedeutet das in der Praxis? Ich kenne sowohl Menschen, die tatsächlich das Datum eines bestimmten Tages benennen können, an dem sie bewusst im Gebet vor Gott getreten sind, sich für ihre Fehler entschuldigt haben, und ab da ihr ganzes Leben an Jesus ausgerichtet haben.

Aber ich kenne auch Menschen, die bereits in einem gläubigen Elternhaus aufgewachsen sind, bei denen diese Hinwendung zu Gott eher ein Prozess über längere Zeit gewesen ist. Da Gott die Intention jedes Menschen ganz genau kennt, bin ich sicher, dass beide Wege gleichwertig sind, wenn dahinter ein ernst gemeinter Entschluss steht.

Zusammenfassung

Nachdem wir uns nun die Beispiele für Taufen und die Reaktion von Jesus auf kleine Kinder in der Bibel angesehen haben, würde ich die Schlussfolgerungen daraus so zusammenfassen:

  • Man wird nicht dadurch Christ, dass man (auf dem Papier) Mitglied einer Kirche ist.
  • Die Säuglingstaufe ist als Weg zu Gott nicht ausdrücklich in der Bibel belegt.
  • Eine Taufe für (kleine) Kinder ist auch nicht nötig, weil Gott sie so oder so annimmt.
  • Es besteht aber Spielraum für die Interpretation, dass gläubige Eltern ihre Kinder mittaufen ließen.
  • Der in der Bibel gezeigte Regelfall ist, dass ein Erwachsener eine persönliche Entscheidung trifft, Gott in den Mittelpunkt seines Lebens zu stellen.
  • Die Taufe erfolgt nach dieser Entscheidung, um sie (öffentlich) zu bekräftigen.

Der wesentliche Punkt scheint also zu sein, dass man die Botschaft von Jesus hört, versteht und befolgt. Dieser Punkt wird in den biblischen Beispielen besonders zentral dargestellt.

Deswegen glaube ich auch, dass Menschen allein durch ihre Entscheidung für Gott in den Himmel kommen, auch wenn sie aus praktischen Gründen eine nachträgliche, symbolische Taufe nicht mitmachen können.

Ausblick

Wer bis hierhin gelesen hat, mag sich nun die Frage stellen: “Was passiert, wenn ich als Baby getauft wurde, aber mich erst später bewusst für ein Leben mit Gott entschieden habe? Muss ich mich dann nochmal taufen lassen?”

Wie wir gesehen haben, ist von der Bibel her nicht eindeutig klar, ob die Säuglingstaufe überhaupt praktiziert wurde. Entsprechend gibt es in der Bibel auch kein ausdrückliches Gebot für oder gegen eine sogenannte “Wiedertaufe”.

Es ist schwierig, von der Bibel her eine Bewertung der “zweiten” Taufe vorzunehmen. Die Bewertung hängt im Wesentlichen davon ab, ob die erste Taufe als Säugling bereits als gültig angesehen wird oder nicht. Wie wir gesehen haben, besteht in den biblischen Berichten zumindest ein gewisser Spielraum für die Säuglingstaufe.

Ich persönlich habe mich als Erwachsener “nochmal” taufen lassen, nachdem ich mich bewusst für ein Leben mit Gott entschieden und zu dieser Zeit eine Freikirche besucht hatte. Das vor dem Hintergrund, dass ich in der landeskirchlichen Taufe als Säugling kein tatsächliches Wirken Gottes empfunden hatte.

Da es zu diesem Thema verschiedene Ansichten gibt, möchte ich meine Erfahrung aber nicht verallgemeinern. Wer sich die Frage nach der Taufe als Erwachsener stellt, sollte diese zunächst mit Gott im Gebet und im eigenen Bibelstudium klären, und die Gepflogenheiten der Gemeinde berücksichtigen, die man vor Ort besucht.


  1. Wobei ich das nicht als Empfehlung sehen würde, mit der Entscheidung bis zum letzten Moment zu warten, da man nicht weiß, ob man diesen noch bewusst erleben wird. ↩︎